Das Landesarbeitsgericht Kiel hatte in einer Entscheidung aus dem Jahr 2015 die Ordnungsgemäßheit eines bEM-Angebotes zu überprüfen (LAG Kiel, Urteil vom 22.9.2015 – 1 Sa 48 a/15). Es kommt zu dem Ergebnis, dass ein vor Ausspruch der krankheitsbedingten Kündigung unterbreitetes Angebot auf Durchführung eines bEM nicht ordnungsgemäß ist, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht mitteilt, welche Daten im Sinne von § 3 Abs. 9 BDSG erhoben und gespeichert werden und für welche Zwecke sie dem Arbeitgeber zugänglich gemacht werden. Es bedarf eines Hinweises zur Datenerhebung und Datenverwendung, der klarstellt, dass nur solche Daten erhoben werden, deren Kenntnis erforderlich ist, um ein zielführendes, der Gesundung und Gesunderhaltung des Betroffenen dienendes bEM durchführen zu können. Auch muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf die Ziele des bEM hinweisen. Zu diesen Zielen gehört die Klärung, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und wie das Arbeitsverhältnis erhalten werden kann. Dem Arbeitnehmer muss verdeutlicht werden, dass es um die Grundlagen seiner Weiterbeschäftigung geht und dazu ein ergebnisoffenes Verfahren durchgeführt werden soll, in das auch er Vorschläge einbringen kann.

Fehlt es trotz einer bestehenden Verpflichtung des Arbeitgebers, ein Verfahren durchzuführen, an einem ordnungsgemäßen Angebot, so führt dies dazu, dass für den Arbeitgeber der Ausspruch einer wirksamen krankheitsbedingten Kündigung kaum noch möglich sein wird.

Die in § 84 Abs. 2 SGB IX enthaltene Verpflichtung zur Durchführung eines BEM konkretisiert den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Hat der Arbeitgeber die Durchführung eines bEM unterlassen, muss er in einem Kündigungsschutzprozess deshalb umfassend darlegen und beweisen, warum es in keinem Fall dazu hätte beitragen können, neuerlichen Krankheitszeiten vorzubeugen und das Arbeitsverhältnis zu erhalten. Dabei oben liegt es ihm nicht nur, die objektive Nutzlosigkeit arbeitsplatzbezogener Maßnahmen aufzuzeigen. Vielmehr hat er auf im Kündigungszeitpunkt bestehende außerbetriebliche Therapiemöglichkeiten Bedacht zu nehmen. Dem Ziel, solche Möglichkeiten zu erkennen, dient wiederum das bEM. Denkbares Ergebnis des bEM kann es sein, den Arbeitnehmer auf eine Maßnahme der Rehabilitation zu verweisen. Der Arbeitgeber muss deshalb, wenn er ein gebotenes bEM unterlassen hat, dartun, dass auch durch die gesetzlich vorgesehenen Hilfen oder Leistungen der Rehabilitationsträger künftige Fehlzeiten nicht in relevantem Umfang hätten vermieden werden können (so BAG, Urteil vom 20.11.2014 – 2 AZR 755/13). In der Praxis wird dies nur sehr schwer gelingen.

Ein Arbeitnehmer, der eine krankheitsbedingte Kündigung auf sich zukommen sieht, kann vor diesem Hintergrund unter taktischen Gesichtspunkten erwägen, auf das nicht ordnungsgemäße Angebot einfach nicht zu reagieren oder dem Arbeitgeber mitzuteilen, dass er auf der Basis des vorliegenden Angebotes zur Zeit ein bEM-Verfahren nicht durchführen möchte. Bessert der Arbeitgeber dann nicht nach, hat er im Falle einer krankheitsbedingten Kündigung schlechte Karten.